Die Blue Ocean Strategie Teil 2: Kann der Blue Ocean Ansatz des Airports Impulse für die Europäische Metropolregion Nürnberg geben?

The Power MBA: Blue Ocean Strategy

Quelle: The Power MBA

Wie eine Value Curve den Weg zu neuen Strategien ebnen kann

Ein Blogbeitrag gemeinsam mit Dorothee Brommer (Brommer Consulting).

In unserem letzten Artikel haben wir von der Blue Ocean Strategie des Airports Nürnberg berichtet: kein direktes Konkurrieren mit den Flughafen-“Goliaths” Frankfurt und München, sondern die Entwicklung eines Wert-Angebots, das genau zugeschnitten ist auf neue Airlines und deren Anforderungen an Märkte, Kommunikation und Service. Seit der erfolgreichen Strategie und der prämierten Kampagne des Teams um Christian Käser vom Airport Nürnberg  sind die Herausforderungen aufgrund der Pandemie nicht kleiner geworden.

Über den Flughafen hinausdenken

Deshalb gilt es, über den Flughafen selbst hinauszudenken. Denn die Nutzung eines Flughafens für internationale Reisen ist immer erst die Konsequenz einer Attraktivität des Ziels, das mit Hilfe dieses Flughafens erreicht werden kann. Zuerst muss also diese Attraktivität erreicht werden – sei es durch geschäftliche Anlässe, durch touristische oder durch familiäre. Dann kann sich ein Flughafen auf die Suche nach passenden Destinationen machen. Hier kommt dem Airport Nürnberg die sowieso schon gegebene Attraktivität der Metropolregion Nürnberg entgegen. Zusätzlich ergeben sich Chancen durch den Trend zum “Bleisure Travel”, der sich durch die Veränderungen in der Pandemie deutlich verstärkt hat.

Gründe genug, um die Metropolregion Nürnberg mit der Methodik der “Value Curve” aus der Blue Ocean Strategie zu analysieren und im Vergleich zu anderen Metropolregionen erste strategische Ideen zu entwickeln.

Die Erfahrungen der Pandemie verstärken den Trend zum “Bleisure Travel”

Aus dem Namen lässt sich die Bedeutung ableiten: Bleisure Travel = Business (Arbeit/Job) + Leisure (Freizeit). Also die Verbindung des Nützlichen mit dem Angenehmen. Auch auf Dienstreisen den Feierabend genießen, dort arbeiten, wo andere Urlaub machen, die Dienstreise um ein Urlaubswochenende verlängern oder sich auf der Dienstreise zumindest ein bisschen wie im Urlaub fühlen. Bereits vor Corona war Bleisure Travel gerade in der Generation Y ein relevantes Thema, um Mitarbeiter/innen zur Dienstreise zu bewegen.Die Erfahrungen in der Pandemie haben diesen Trend nun noch einmal deutlich verstärkt. Denn Dienstreisen sind nicht mehr unersetzlich, Video-Konferenzen haben sich als probate Alternative erwiesen. Und Dienstreisen sind weiterhin vor allem auch beschwerlich und bedeuten immer noch ein erhöhtes Risiko. Inge Pirner, Travel Managerin bei der DATEV und Vizepräsidentin des VDR (Verband Deutsches Reisemanagement e.V.) stellt aber auch Gegenteiliges fest: “Die eineinhalbjährige Isolation hat Spuren hinterlassen. Seit Corona merken wir, dass die Leute in erster Linie raus wollen.”

Es muss also inzwischen gute Gründe geben, um Menschen zu Dienstreisen zu motivieren. So viel zum Leisure-Anteil als Anreiz. Gleichzeitig sind umgekehrt aber auch die möglichen Orte des Arbeitens vielfältig geworden. Ob das Home Office jetzt tatsächlich zuhause liegt oder in einem Hotel oder einer Ferienwohnung mit Strandnähe, das ist für das Zusammenarbeiten inzwischen oft irrelevant geworden. Zumal erschreckenderweise die Internetverbindung in Strandnähe auch über Europa hinaus in der Regel deutlich besser ist als in vielen Teilen Deutschlands. 

Die Business-Optionen und der Leisure-Anreiz haben den Trend zum Bleisure Travel also noch einmal verstärkt.

Die Metropolregion Nürnberg als “Incoming”-Magnet

Um die Stärken und die Attraktivität von Destinationen zu steigern, gründeten sich vor einigen Jahren Städte um Ballungsgebiete herum und schlossen ihre Kräfte zusammen, um gemeinsam sichtbarer zu werden. Auch um Nürnberg erstreckt sich eine solche Metropolregion und bietet damit eine Kombination aus unterschiedlichen Highlights über die Stadtgrenzen hinaus. Doch was macht eine Metropolregion am Ende aus? Und bezogen auf unser Beispiel: Wie kann eine Metropolregion Incoming-Magnet sein oder werden? Und was kann der Nürnberger Flughafen dazu beitragen? Inge Pirner sagt dem Airport diesbezüglich ein neues Image voraus: “Der Airport als Metropol-Flughafen der kurzen Wege könnte Inbound ‘beflügeln’ und unterschiedlichste Menschen sternförmig in Nürnberg zusammenführen.“

Dazu wollen wir die Metropolregion Nürnberg unter die Lupe nehmen. Hier gibt es vieles, das aufgrund des typisch fränkischen “Understatements” noch nicht als Besonderheit eben dieser Region herausgestellt, geschweige denn im Vergleich zu anderen Metropolregionen sichtbar ist. Dabei drängt sich die Frage auf: Kann man – und wenn ja wie? – Metropolregionen überhaupt geschickt vergleichen? Lasst uns genau hier mal etwas tiefer eintauchen. Die Blue Ocean Strategie bietet dazu das passende Handwerkszeug. 

Deutsche Metropolregionen

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Deutsche_Metropolregionen.svg

Die “Value Curve” als strategisches Instrument für Blue Oceans

Die “Value Curve” ist die zentrale Methode der Blue Ocean Strategie und nimmt daher auch im Business Strategy Modul des ThePowerMBA den entsprechenden Raum ein. Mit der “Value Curve” lassen sich Wertversprechen vergleichen und daraus strategische Maßnahmen ableiten. Prinzipiell erhält man so einen wunderbaren Blick auf das “Big Picture”.

Im ersten Schritt legt man die Faktoren fest, in denen man sein eigenes Angebot im Vergleich zu den Wettbewerbern im Markt analysieren möchte. Bei Autoherstellern könnte dies z.B. Sicherheit, Ausstattung, Verbrauch, Leistung, Größe etc. sein.

Im zweiten Schritt identifiziert man nun für jeden Faktor den Wert, den der jeweilige Anbieter unter diesem Aspekt liefert bzw. verspricht. Die Verbindung dieser Punkte für das eigene Angebot und die anderen Anbietern ergibt die “Value Curves”, also das jeweilige Werteprofil der einzelnen Anbieter.

The Power MBA: Business and Marketing Strategies

The Power MBA: Business and Marketing Strategies

Der Blick auf die Lage der Kurven zueinander eröffnet nun strategische Optionen. Wo befinde ich mich im Vorteil und wo im Nachteil im Vergleich zum übrigen Markt? Wo decken sich die Kurven und bieten damit Potenzial für eine eigene strategische Positionierung? Dies muss im Übrigen nicht immer eine Erhöhung des Wertangebots sein, sondern kann auch bewusst das Reduzieren bzw. Streichen dieses Wertangebots sein (siehe dazu auch: Blue Ocean Strategie – Erfolgreich sein im Blauen Ozean ). Also ein bewusster Verzicht, um sich im Gegenzug die Möglichkeiten zu verschaffen, sich in anderen relevanten Bereichen zu differenzieren. Und eben einen “blauen Ozean” zu erreichen.

Die Bleisure Travel-Faktoren der “Value Curve” der Metropolregionen

Unser Fokus richtet sich auf den Vergleich des Bleisure Travel-Potenzials der Metropolregionen. Demzufolge kommen wir auf andere Faktoren der Value Curve als sie üblicherweise in den Statistiken angegeben werden, wie z.B. Bevölkerungsstruktur, Bildungseinrichtungen, Wirtschaftskraft.

Unsere Gespräche haben folgende relevante Bleisure Travel-Faktoren ergeben – eine erste Arbeitshypothese für eine Value Curve also:

  • Kultur: Theater, Kunst, Museen
  • Natur: Grüne Umgebung, Seen, Berge
  • Working/Coworking/Seminarräume
  • Unternehmen: Champions, Hidden Champions 
  • Gastro: Kulinarik, Restaurants, Nachtleben
  • Hotels und attraktive Unterkünfte 
  • Verkehrsanbindung: Flugzeug, Zug, UBahn/SBahn, Mobile Sharing
  • Community Events/Meet the locals: Besondere Events
  • Messen: Weltleitmessen
  • (Freizeit-)Aktivitäten: Sport, Erholung, Erlebnisse
  • Preisniveau

Eine Value Curve für die Metropolregion Nürnberg könnte dann etwa so aussehen:

Value Curve der Metropolregion Nürnberg

Erste Annäherung für eine Value Curve der Metropolregion Nürnberg mit Schwerpunkt „Bleisure Travel“

Wie geht es weiter? – Strategische Überlegungen und Optionen

Die Value Curve kann nun ein guter Ausgangspunkt für nächste strategische Aktivitäten sein, um die Metropolregion Nürnberg unter dem Bleisure Travel-Aspekt zu positionieren.

Dazu sind folgende Maßnahmen denkbar:

Schritt 1: Die Ist-Analyse nutzen

  • Metropol-Marketing generell unter dem Bleisure Travel-Aspekt aufsetzen
  • Die Faktoren mit hohen Werten (siehe Value Curve) besonders herausarbeiten und bewerben
  • Regionale Anbieter und Unternehmen unterstützen bei Marketingmaßnahmen und weiteren Angeboten, die Bleisure Travel fördern
  • Bündelung von Angeboten in der gesamten Metropolregion
  • Branchenübergreifende Allianzen herstellen, um durch Vernetzung das Bewusstsein für  die Verbindung von “Business” und “Leisure” zu schaffen 

Schritt 2: Positionierung gezielt verändern im Sinne der Blue Ocean Strategie

  • Genauere Analyse und “Value Curve”-Vergleich mit anderen Metropolregionen (z.B. München, Frankfurt, Stuttgart)
  • Entwicklung einer Blue Ocean-Strategie für die Metropolregion Nürnberg unter dem Aspekt Bleisure Travel
  • Differenzierung in den Faktoren, die gezielt den Unterschied zu vergleichbaren Metropolregionen machen können
  • Ggf. Verzicht auf Aktivitäten in den Faktoren, die keine Differenzierung ermöglichen und/oder zu aufwändig sind (diese Ressourcen können dann wirkungsvoll in andere Faktoren gelenkt werden)

Liebe Kollegen aus anderen Städten und Metropolregionen – nun vergleicht mal schön 😉