… wie kann das sein?
Dahinter verbirgt sich die „Wertschöpfungsgleichung“ (Value Equation), die ich bei ThePowerMBA im Modul „Value Proposition“ kennengelernt habe und die ich jetzt gezielt auf mein eigenes Angebot, das Consulting, anwenden werde: aus Kundensicht nicht nur betrachten, welchen Nutzen ein Angebot bringt, sondern auch welcher Aufwand für den Kunden damit verbunden ist.
Wenn wir diese erweiterte Kundensicht nicht nur einnehmen, sondern sie auch transparent machen, schaffen wir bereits bei der Angebotserstellung den ersten Mehrwert.
Der Fokus auf den Wert allein ist zu kurz gesprungen
Für die Ermittlung der Value Proposition, also dessen, „wofür der Kunde bereit ist zu zahlen“, gibt es eine Reihe von Methoden. Die Business Model Canvas von Alexander Osterwalder beschreibt sie im Kontext des Geschäftsmodells und die Value Proposition Canvas, auch von Osterwalder, hilft dabei, sie aus den „Pains“ und „Gains“ des Kunden herauszuarbeiten.
Schwierig genug – das wissen alle, die sich damit schon beschäftigt haben und nicht nur bei ihren eigenen Annahmen und „Darlings“ bleiben wollten. Und trotzdem ist es zu kurz gesprungen. Denn der Knackpunkt ist: Unser Fokus liegt vor allem auf dem Wert und Nutzen, den unser Kunde aus dem Angebot ziehen kann. Diesem Wert lässt sich dann der Preis für unser Angebot gegenüberstellen und wenn die Bilanz positiv ist, wird unser Angebot für den Kunden interessant.
Wenn die Gleichung allerdings nicht aufgeht, dann bleiben uns bei dieser verkürzten Denkweise nur zwei Möglichkeiten: entweder den Wert erhöhen oder mit dem Preis heruntergehen. Beides keine wirklichen Optionen. Ersteres braucht der Kunde gar nicht. Mit Letzterem schneiden wir uns ins eigene Fleisch.
Der Aufwand unserer Kunden ist der geheime Schlüssel
Was wir bei unseren Überlegungen aber nicht bedenken: der Kunde rechnet seinen eigenen Aufwand mit. In der Regel nicht bewusst und fast nie systematisch – so ist meine persönliche Erfahrung. Dieser Aufwand, den der Kunde im Kopf hat, wenn er unser Angebot annimmt, setzt sich zusammen aus dem Preis, den er zahlen soll, aber auch aus einer ganzen Reihe von anderen Kosten, die ThePowerMBA folgendermaßen kategorisiert: other economical costs, time and energy required, commitment, physical risks, functional risks und social risks.
Welchen Aufwand ein Consulting beim Kunden verursacht, ist je nach Kontext unterschiedlich. Doch einige generelle Faktoren lassen sich anhand der obigen Kategorien trotzdem gut benennen:
- Zum weiteren wirtschaftlichen Aufwand zählt nicht nur Offensichtliches wie Räume, Material oder notwendige Tools für die Aufbereitung von Ergebnissen, sondern auch der Folgeaufwand, der erforderlich ist, bis der versprochene Nutzen tatsächlich eintritt.
- Dafür braucht es Zeit und Energie auf Kundenseite. Das Briefing und die Einarbeitung dauern. Die Mitarbeiter des Kunden sind mehr oder weniger intensiv involviert und damit gebunden und sollten nicht unter den berüchtigten „Eh-da-Kosten“ verbucht werden. Abstimmungen müssen vorbereitetet, durchgeführt und nachbereitet werden. Auch der administrative Aufwand kann ganz unterschiedlich ausfallen und zum erheblichen Kostenfaktor werden.
- Das, was ThePowerMBA mit Commitment beschreibt, würde ich mit Verbindlichkeit und Umsetzungskonsequenz übersetzen. Wie „ernst“ ist der Auftrag gemeint? Was bedeutet es, die erforderlichen Entscheidungen herbeizuführen? Wir kennen alle die Zeit, die alleine in die Aufbereitung von Ergebnissen gesteckt wird. Und welche Konsequenzen bringt eine Umsetzung dann mit sich?
- Während physikalische Risiken beim Consulting eher nicht relevant sein dürften, sind es dafür funktionale und soziale Risiken umso mehr. Denn in der Regel geht es um Prozesse und um die Transformation derselben. Dabei sind Menschen beteiligt, die eine Veränderung durchlaufen oder idealerweise aktiv mitgestalten.
Fünf konkrete Stellhebel fürs Consulting
In der Auftragsklärung können Sie also ganz gezielt darauf hinwirken, dass die Kosten (nicht der Preis!) sinken. Damit erhöhen Sie den Wert für Ihre Kunden – idealerweise sogar über Ihr konkretes Angebot hinaus. Und Sie differenzieren sich von anderen Anbietern, da Sie nicht nur über Nutzen und Preis sprechen, sondern noch eine dritte Dimension ins Spiel bringen. Konkret bedeutet das fürs Consulting folgende fünf Ansatzpunkte:
- Praxisrelevanz erhöhen: Gerade bei der Einführung von Tools und Methoden entsteht für Ihre Kunden zusätzlicher Aufwand, wenn erst die Lücke zwischen Erlerntem und dem Einsatz in der Unternehmenspraxis geschlossen werden muss. Sofort reale Aufgabenstellungen zu nutzen ist für Sie zwar unsicherer, für den Kunden aber deutlich weniger Aufwand.
- Abstimmungsaufwand reduzieren: Nutzen Sie Ihren Einsatz dazu, Meetings und Kommunikation neu zu gestalten und damit Overhead und erstarrte Rituale und Abläufe zu verändern. Sie haben als Impulsgeber von außen die besten Voraussetzungen, um eine gewisse Betriebsblindheit zu überwinden.
- Entscheidungen ermöglichen: Verbinden Sie Ihre Beratung mit den erforderlichen Schritten, um zu Verbindlichkeit zu gelangen. Die Gefahr besteht, dass Sie die Abhängigkeit von Entscheidungen für Ihre Beratung möglichst vermeiden, um Ihren Auftrag „in Ruhe“ abarbeiten zu können: ein Konzeptpapier abzugeben statt die Umsetzung voranzutreiben? Doch Handeln „erzwingen“ ist für Ihren Kunden zielführender. Veränderung und Nutzen werden ermöglicht und Kosten reduziert.
- Umsetzbarkeit sicherstellen: Vereinbaren Sie Ergebniskriterien, die die Umsetzung beinhalten und den Nutzen messbar machen. Dazu braucht es nicht nur Transparenz bei Hürden, Hindernissen und Widerständen, sondern auch eine gemeinsame Verantwortung. Kein Abliefern einer Beratung, sondern ein vereinbartes Vorankommen mit dem geringstmöglichen Aufwand.
- Beteiligung schaffen: Transformation, Change, Mindset, Kultur – alle wesentlichen Vorhaben der aktuellen Zeit gelingen nur, wenn die richtigen Akteure in ausreichender Form beteiligt werden. Dadurch steigen Qualität und Akzeptanz, die Risiken durch Widerstände oder Nicht-Umsetzung sinken. Machen Sie deutlich, welche Folgekosten und -aufwände andernfalls entstehen und wie diese die Gesamtnutzenbilanz verderben würden.
Eine Win-Win-Situation schaffen
Wenn wir in diesen Punkten also Transparenz herstellen und außerdem unser Angebot noch darauf abstimmen, dass sich der Aufwand auf Kundenseite reduziert, dann wird die Wertschöpfungsgleichung nicht nur günstiger. Wir eröffnen sogar weiteres Potenzial für noch mehr Wertschöpfung, indem wir bereits in der Angebotsphase Kundenzentrierung leben. Ohne dass dies zu unseren eigenen Lasten geht.
Behalten Sie also die „Value Equation“ am besten bei jeder Angebotsposition im Kopf oder formulieren Sie sie sogar explizit aus. Und bauen Sie sukzessive Ihre Angebote so um, dass die Wertschöpfung für Ihre Kunden steigt. Sie brauchen dafür einen Sparringspartner? Ich bin da – nur einen Klick entfernt.