Kundenzentrierung ist immer das Schlagwort. Und irgendetwas ist immer „irgendwie agil“. Leichter wird es also nicht, wenn man den Überblick behalten möchte.
Manche Begriffe meinen dasselbe, manche werden für Unterschiedliches verwendet und in den meisten Fällen bezeichnen sie Ähnliches, aber ähnlich ist eben nicht gleich. Und die Unterschiede können da durchaus entscheidend sein.
So ist es auch mit Service Design im Vergleich mit Customer Experience Management.
Dreht sich wirklich alles um den Kunden?
Fangen wir mit den Gemeinsamkeiten an: In beiden Fällen geht es um den Kunden. Er soll im Zentrum stehen. Orientieren wir uns am Managementguru Peter Drucker, so ist das nur die logische Konsequenz: „Der Zweck eines Unternehmens ist es, Kunden zu gewinnen und ihnen zu dienen.“ Doch Segen und Fluch eines solchen Ansatzes: die Realität sieht anders aus.
Die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden sollen durch passende Produkte und Service erfüllt werden, sodass das Erlebnis des Kunden, seine Customer Experience, nicht nur ohne Schmerzpunkte, sondern idealerweise dermaßen positiv verläuft, dass er wiederkommt bzw. unseren Service weiterhin nutzt.
Gleichzeitig sind Unternehmen aber so organisiert (Stichwort „Abteilungssilos“) und in ihren Prozessen und Abläufen so verselbstständigt, dass dies der Orientierung am Kunden zuwiderläuft. Das Resultat ist nicht selten eine sehr holprige Kundenreise, eine sehr oft unterbrochene Customer Journey. Widerstände, an denen sich Customer Experience Management und Service Design oft gleichermaßen abmühen. Was liegt da näher, als Kräfte zu bündeln und sich zusammenzutun?
Wozu Customer Experience Management?
Woran liegt es denn, dass wir inzwischen offenbar ein eigenes Management brauchen, um Kundenerlebnisse zu gestalten? Was ist so schwierig daran? Hier liegt die Ursache vor allem an der fortschreitenden Digitalisierung von Prozessen und Abläufen. Dies führt zu zweierlei: zu vielfältigen Kanälen, über die der Kunde mit uns Kontakt aufnimmt, aber auch zur absoluten Vergleichbarkeit über alle Branchen hinweg.
Neben dem persönlichen Kontakt im Laden oder über das Telefon, haben wir heutzutage eine Unmenge an möglichen Berührungspunkten, an Touchpoints, mit dem Kunden. Nicht nur der digitale E-Commerce-Shop, sondern Social Media Kanäle, In-App-Käufe, virtuelle Welten, Sprachassistenten, Sensoren im Internet-of-Things … die Zahl dieser Touchpoints wächst von Jahr zu Jahr. Über all diese Wege nimmt der Kunde mit uns Kontakt auf und über all diese Wege macht er seine Erfahrungen mit uns, hat er positive oder negative Erlebnisse. Und über all diese Wege erwartet er, mit „uns“ zu kommunizieren. Mit seinem Partner, seinem Shop, seinem Lieferanten. Unabhängig davon, welche Abteilung nun jeweils hinter dem einzelnen Touchpoint sitzt. Und unabhängig davon, ob es einfach oder kompliziert ist, seinen Kommunikationsverlauf mit „uns“ zu synchronisieren und überall verfügbar zu haben. Eine Komplexität, die also gemanagt werden muss.
Da sich all dies überwiegend in der digitalen Welt abspielt, gibt es keinen „Artenschutz“ mehr. Den Kunden interessiert es nicht, ob die Online-Erfahrung bei einer Bank mit ihrer veralteten IT ganz offensichtlich nicht so gut sein kann wie der Webshop von Zalando oder ähnlichen Unternehmen. Verglich man früher eine Bankfiliale mit der anderen, waren so groß die Unterschiede nicht. Heute steht die Performance der Umsatzanzeige auf dem Konto in Konkurrenz mit der Routenberechnung in Google Maps. Damit bieten sich neue Chancen, in der eigenen Branche einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil herauszuarbeiten – oder mit Karacho unterzugehen. Eine Studie von KPMG, einem der führenden Beratungsunternehmen in Deutschland, zeigt: Die meisten Unternehmen sind nicht mehr als Durchschnitt. Wer allerdings in der Customer Experience besser wird, differenziert sich sehr zügig von den anderen. Aber auch das muss gemanagt werden.
Was ist dann aber Service Design?
Service Design oder Service Design Thinking ist ein Vorgehen, um Dienstleistungen, Services oder Produkte zu gestalten. Nach den Prinzipien und mithilfe der Methoden von Designern. Ausgangspunkt – welch Überraschung – ist das Verständnis der Wünsche, Bedürfnisse, Probleme der Kunden. Neben dem Research, dem „Erforschen“ des Kunden, ist das Prototyping, das frühe Experimentieren und Erproben, das Kernstück des Service Designs. Alles mit dem Ziel, ein für den Kunden passendes Angebot zu entwickeln und damit vor allem mit einem geringen Aufwand das Risiko von Fehlentwicklungen und -investitionen zu reduzieren.
Selbstverständlich zielt dies auf eine möglichst überzeugende Customer Experience ab. Es gibt sogar eigene Methoden im Service Design, die für das Kauf- oder Nutzungserlebnis einen „dramatic arc“ erschaffen sollen, einen Spannungsbogen, wie wir ihn z. B. aus James-Bond-Filmen kennen. Mit kleineren und größeren Wow-Effekten, die aber dramaturgisch passend gesetzt sein müssen. Das jedoch ist schon die hohe Kunst. Aktuell ist es meist noch ausreichend, wenn wir die schlimmsten Schmerzpunkte und Enttäuschungen des Kunden ausmerzen.
Der Unterschied von Design und Management
Schauen wir auf die Begriffe Design und Management werden die Unterschiede zwischen Service Design und Customer Experience Management ebenso schnell klar wie auch das passende Zusammenspiel. Designen lässt sich am besten mit Gestalten übersetzen. Service Design dient also dazu, die Angebote, die Prozesse mit dem Kunden, in einem Wort die Customer Experience, zu gestalten. Entweder neu oder verbessert. Management dagegen ist das Leiten, Führen, Steuern. Wenn Service Design also eher die Entwicklung ist, dann ist CX-Management der operative Betrieb. Der sich logischerweise nicht selten derselben Methoden bedient. Der aber auch einen ganz anderen Fokus setzt. Hier kommen Kennzahlen und harte Fakten ins Spiel. Hier werden Prozesse etabliert und optimiert. Kontinuierliche Verbesserungsmaßnahmen aufgesetzt und durch Systeme unterstützt.
Vereinfacht gesagt, operiert Service Design wie eine agile Produktentwicklung in einem noch unsicheren Raum, CX-Management dagegen ist die standardisierte und oft auch automatisierte Organisation von Abläufen, bei der eher eine Analogie zum Lean Management hergestellt werden kann.
Das gemeinsame Ziel: Verbündete für die Kunden suchen
Sowohl Ziele als auch Prinzipien und Methoden von Customer Experience Management und Service Design sind sich also sehr ähnlich. Und dieselbe Sprache ermöglicht eine schnelle Verständigung. Gerade diejenigen Disziplinen, die sich ein Überwinden der Silos und innerbetrieblichen Barrieren auf die Fahnen geschrieben haben, sollten sich daher nicht in Abgrenzungen und Definitionen verstricken. Die Bedeutungen von „Design“ und „Management“ geben uns die Orientierung, wann welche Disziplin in den Lead gehen sollte.
Als Verbündete im Sinne der gemeinsamen Sache: „(…) Kunden zu gewinnen und ihnen zu dienen.“