Ein Angebot – sei es nun Produkt oder Service – muss zum Markt, zur Zielgruppe passen. So banal es klingt, so schwer ist es umzusetzen.
„Manchmal dauert es drei Jahre, bis man den Product-Market Fit gefunden hat. Und viele Unternehmen finden ihn nie!“, so Uri Levine, Gründer von Waze, in einer der Lerneinheiten der MBA-Alternative #ThePowerMBA.
Was wir stattdessen finden, ist viel zu oft ein „Product-Executives Fit“. Dabei entscheidet nicht der Markt, sondern die Geschäftsführung oder andere Gremien, dass dieses Produkt/dieser Service nun passt und entwickelt werden kann. Ein Business Plan „garantiert“ uns das Wachstum. Und für den Market haben wir schließlich das Marketing!
Doch das beste Marketing hilft nichts, wenn wir keine Antwort auf folgende Kundenbedürfnisse finden:
- Wo liegt der Schmerzpunkt des Kunden? Und welche Lösung können wir ihm für sein Problem bieten? („pain point“).
- Wie können wir dem Kunden dabei helfen, seinen „Job“ noch besser zu erledigen als bisher? („gain factor“).
Denn nur, wenn wir Pain Points und Gain Factors entsprechend berücksichtigen, passt am Ende auch das Produkt zum Markt. Unterschiedliche Methoden wie die Value Proposition Canvas von Alexander Osterwalder oder der Lean Startup-Ansatz von Eric Ries unterstützen uns gezielt dabei, genau diesen „Fit“ zu finden – wobei wir uns allerdings im Klaren darüber sein müssen, das sehen wir bei Waze und anderen, dass das Jahre dauern kann.
Der Product-Market Fit ist der Lackmustest
Eine Zeit, die man erst einmal durchstehen muss – als Gründer und Startup genauso wie als etabliertes Unternehmen, das in Forschung & Entwicklung investiert. Woran erkennen wir also, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist? Laut Uri Levine ist das eindeutig: „Wenn du den Product-Market Fit gefunden hast, dann gibt es untrügliche Zeichen dafür.“ Zeichen wie
- Weiterempfehlungen
- Download-Raten der App
- positive Bewertungen im App-Store
- Nutzungsfrequenz und -dauer
- Engagement der Nutzer
- Kündigungsverhalten der Nutzer usw.
Bis dahin brauchen wir aber auch keine Zeit mit der Interpretation und (Um-)Deutung von Ergebnissen verschwenden und keinen unnötigen Aufwand in die Aufbereitung von PowerPoint-Folien stecken. Die schmerzhafte Wahrheit ist: Solange keine eindeutigen Indikatoren vorliegen, haben wir den Product-Market Fit schlicht und einfach noch nicht erreicht. Schönreden hilft da auch nichts.
Stattdessen verirren wir uns im „Product-Executives Fit“
Doch warum machen wir in der Realität oft ganz andere Erfahrungen? Eine Idee schafft es schnell nach vorne, Annahmen werden nicht in Frage gestellt und Kundentests dienen der bloßen Bestätigung. Selbst das Prototyping wird als lineare Phase durchlaufen mit dem Ziel, auch diesen Meilenstein schnell zu erreichen, statt das Experimentieren, Nachbessern und zwischenzeitliche Scheitern als den Normalfall einzuplanen. Denn das wollen weder Entscheider gerne erleben noch wir selbst, geht es doch schließlich um unsere eigene, selbstverständlich großartige Idee.
Doch halten wir uns nur mal die Zeit vor Augen, die wir üblicherweise in die Präsentation der „Ergebnisse“ stecken. Wie viele Runden drehen wir, bis die Unterlagen für die Entscheidungsgremien fertiggestellt sind? Wie viel Energie ver(sch)wenden wir darauf, diesen „Product-Executives Fit“ herzustellen? Damit wir die Zustimmung für unser Produkt und unsere Ideen bekommen. Und wie viel Aufwand haben wir im Vergleich dazu hineingesteckt, um die Zustimmung des Marktes, also den genau passenden Product-Market Fit, zu erhalten?
Einmal erreicht wird es einfacher
Dabei ist der Product-Market Fit der Anfang von allem. Wenn der endlich passt, ergibt sich alles andere wie von alleine. Könnte man meinen. Ganz so einfach ist es zwar dann doch nicht, aber es liegt auf der Hand, dass sich erst dann sinnvoll über Monetarisierungsoptionen und Wachstumsstrategie nachdenken lässt, wenn der Nutzen nachgewiesen und der Markt definiert ist. Ein mühsamer Weg mit Abzweigungen, bei denen Angebote u. a. mehrmals im sogenannten „Pivoting“ gedreht werden, beispielsweise von B2C zu B2B oder umgekehrt. Ein Teil der Entwicklung, der bei Erfolgsgeschichten in der Retrospektive gerne mal übersehen wird. #ThePowerMBA geht da einen anderen, neuen Weg und bietet den ungeschönten – und vor allem seltenen – Experten-Blick hinter die Kulissen.
„Für den Gründer und Unternehmer ist nicht das eigentliche Produkt das Produkt, sondern das erfolgreiche Geschäftsmodell.“ (nach Eric Ries)
Was wir durch genau diesen Experten-Blick leicht erkennen können: Ein Unternehmer produziert Geschäftsmodelle, egal zu welchem Zweck und mit welchem Angebot. Und wenn wir die Biographien erfolgreicher Gründer betrachten, die aus gutem Grund oft „Serial Entrepreneurs“ genannt werden, dann ist es genau das: ein Geschäftsmodell solange drehen und wenden, bis es erfolgreich ist, den Nachweis dafür erbringen durch die ersten Jahre der Umsetzung, dann sich von diesem Business trennen und mit den Erlösen (idealerweise!) das nächste Produkt, sprich das nächste Geschäftsmodell entwickeln.
Zu verliebt in das Produkt statt in den Erfolg
Zu begeistert von unseren Ideen, zu empathisch gegenüber den Kunden, zu verliebt in die Produkte, zu bemüht um „Erfolge“ … all das ist letztlich kein echtes unternehmerisches Denken. Weil immer das Produkt unser Ziel bleibt und nicht das Geschäftsmodell.
Am Ende braucht es natürlich beides, nur fehlt uns zu oft der selbstkritische Blick. Der die immer nur erfolgreichen Kundentests, die Business Pläne und die „Hockeystick-Kurven“ beiseitelässt und nach den harten Fakten fragt, die den Product-Market Fit belegen.
Das wird weh tun. Das muss weh tun. Denn eine erfolgversprechende Alternative gibt es nicht.