Im Grunde geht es bei allem um dasselbe: Agil, Lean, KVP, TQM, Design Thinking, Lean Startup usw. Bewusst geworden ist mir das noch einmal besonders deutlich im Digital Marketing Modul beim The Power MBA (bei dem ich mich mittlerweile auf der Zielgerade befinde und über den ich hier in meinem Blog schon mehrfach berichtet habe).
Denn auch im Digitalen Marketing sind wir zurückgeworfen auf die Ungewissheit, was tatsächlich beim Kunden funktioniert, auf die deshalb sinnvollen kleinen Schritte, auf das Messen, die Daten und das schnelle konsequente Reagieren auf unsere neu gewonnenen Erkenntnisse. Klingt sehr vertraut, wenn man die eingangs genannten Vorgehensweisen vor Augen hat.
Man könnte es nun „Agile Marketing“ nennen … oder es aber auch lassen
Es geht jetzt nicht um neue Begriffe oder um die Diskussion, wann ein Vorgehen als „agil“ und wann es als „lean“ zu benennen ist. Es geht um die Gemeinsamkeit, die hinter allem steht. Und die ist nun mal in der Tatsache begründet, dass unsere – häufig digital geprägte – Welt sehr schnell, veränderlich und komplex geworden ist. All diesen Ansätzen ist deshalb gemeinsam, dass sie einen Weg suchen, mit dieser Unplanbarkeit und Komplexität umzugehen.
Beim digitalen Marketing sind es dann eben 5-Sekunden-Tests, A/B-Testing, Surveys und vor allem immer wieder Daten, Daten, Daten. Alles mit dem einen Ziel: Wegzukommen von bloßen Annahmen hin zu einem besseren Verständnis und zu mehr Erkenntnissen darüber, was tatsächlich funktioniert, sprich was für uns Nutzen generiert. Im digitalen Marketing ist dieser Nutzen die Conversion unserer Zielgruppe zu unseren Kunden.
Ob Marketing, ob Strategie, ob Produktentwicklung – Annahmen führen nicht weiter
Entscheidend ist also zu sehen, wo die Übereinstimmung in allen Vorgehensweisen liegt. Agiles Arbeiten bedeutet, statt langfristiger detaillierter Planungen besser schrittweise Lösungen zu implementieren, die bereits einen Mehrwert schaffen. Diese Lösungen können dann anhand der gewonnenen Erkenntnisse angepasst werden. Auch Lean Management etabliert einen solchen kontinuierlichen Prozess des Dazulernens und Verbesserns und Vorantreibens neuer Standards. Dort heißt es PDCA, Plan – Do – Check – Act. Lean Startup übernimmt diese Lean-Prinzipien und überträgt sie auf die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. So wie es Design Thinking und Service Design für die Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen umsetzen.
Immer geht es dabei darum, zu verstehen, was die tatsächlichen Probleme und Ursachen sind („The truth is out there!“), wie sich erste Lösungsansätze bewähren, diese möglichst früh zu messen und zu bewerten und dann unser Vorgehen anzupassen, sobald wir „schlauer“ geworden sind.
Sich also nicht auf Annahmen zu verlassen und eben nicht auf dieser letztlich willkürlichen Basis viel zu langfristig zu investieren – Zeit und Geld –, das führt dann zu besseren Lösungen und zu erheblich reduzierten Risiken. Das gilt für das digitale Marketing genauso wie für alle anderen Bereiche in heutigen Unternehmen.
Es fehlt der passende (Über-) Begriff
Leider verzetteln wir uns aber noch zu oft in unterschiedlichen Begriffswelten und Vorgehensmodellen. So entgeht es uns, dass es überall dieselben Prinzipien sind, die nachweislich zum Erfolg führen. Deren Einführung ist aber nirgendwo besonders leicht – weder im digitalen Marketing noch anderswo. Doch wie entsteht die Verbindung zu den anderen Gebieten? Wie transportieren wir diese durchgängige Haltung am besten?
Wenn wir einen passenden (Über-) Begriff dafür etablieren könnten – wie z. B. „closing learning loops“, würden die Gemeinsamkeiten über alle Bereiche und Disziplinen hinweg besser sichtbar werden. Kundenzentrierung trifft es aber nicht und alles, was „agil“ genannt wird, ist inzwischen schon fast verrufen. Die „Experimente“ klingen oft nicht seriös und zielgerichtet genug und „lean“ findet immer noch überwiegend in der Produktion statt.
Letztlich geht es darum, immer besser werden zu wollen statt es immer besser zu wissen glauben. Und sich dabei der Realität zu stellen, sei es durch die Konfrontation mit unseren Kunden oder durch die Nutzung von Daten. Statt „theory-driven“ besser „data-driven“, statt „assumption based“ also künftig „reality based“!